Teilprojekt C5

Das Projekt untersucht die Entstehung globaler Ungleichheitssemantiken in der Weltgesellschaft. Anhand dreier vergleichender Fallstudien fragt es danach, auf welche Weise sich auf unterschiedliche Heterogenitätsmerkmale beziehende Vorstellungen von globaler (sozialer) Ungleichheit auf programmatischer wie auf der Policy-Ebene in internationalen Organisationen entwickelt haben. Dabei interessiert sich das Projekt vor allem auch dafür, ob globale Ungleichheitssemantiken primär etwa über globale Gerechtigkeits-, Klima-, Umweltschutz- oder Sicherheitsdiskurse eingeführt werden.

Mit dem Projekt wird das Ziel verfolgt, die semantische Verschiebung von Ungleichheitssemantiken in der Weltgesellschaft zu beschreiben und an Beispielen detailliert zu vermessen. Das Hauptaugenmerk der empirischen Analyse liegt auf einer Auswertung des umfangreichen Berichtswesens, der Statistiken, sowie einschlägiger Policy-Statements von drei internationalen Organisationen (Weltbank, UNDP, OECD). Der Wandel der sich in Semantiken widerspiegelnden Ungleichheitsvorstellungen zeitigt dabei nicht nur Auswirkungen auf die Messung von Entwicklungsfortschritten. Er schlägt sich vielmehr auch konkret in Projekten und Maßnahmen internationaler Organisationen nieder. Die entsprechenden Semantiken entstehen dabei in einem Kreislauf der Kommunikation nationalstaatlicher, internationaler öffentlicher und privater Akteure über Probleme wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung.

Der zu untersuchende Textkorpus umfasst zum einen die von internationalen Organisationen herausgegebenen Entwicklungsberichte, Statistiken und Policy-Statements, die zu einem wesentlichen Anteil in Online-Archiven der jeweiligen internationalen Organisationen verfügbar sind. Hinzu kommen Berichte, Politikvorschläge und Arbeitspapiere ("non-papers"), die von den innerorganisationalen Verwaltungseinheiten verfasst worden sind und innerhalb der internationalen Organisationen zirkulieren. Neben den Berichten sollen Protokolle von Verhandlungen ausgewertet werden, um zu erfassen, wie bestimmte Vorstellungen Einzug gefunden haben und die Semantiken von Ungleichheit prägten. Auf diese Weise wird auch versucht, unterschiedliche Akteuren zu identifizieren, die an der Herausbildung konkreter Ungleichheitsvorstellungen beteiligt waren – wie z.B. eigene Mitarbeiter, Vertreter der Mitgliedstaaten, Vertreter von anderen Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen, oder aber Experten aus dem wissenschaftlichen Bereich, die aktiv an Verhandlungen teilnehmen, ihnen als Beobachter beiwohnen, oder aber in Anhörungen hinzugezogen werden. Diese Akteursgruppen wirken nicht nur an der Herausbildung bestimmter Ungleichheitsvorstellungen mit, sondern sind zum Teil auch Adressaten konkreter Maßnahmen oder Vorschläge (im Falle von Mitgliedstaaten als Leistungsempfänger), die dann mitunter diese Ungleichheitsvorstellungen in eigenen Programmatiken und Politikformulierungen aufgreifen. Hiermit wird auch dem Umstand des Einflusses von NGOs auf die Beobachtungsweise und die sich anschließende Politikformulierung durch internationale Organisationen Rechnung getragen.